Erster Test in hobby

Schon getestet: Der ’sagenhafte‘ Fiat 125

… Unter dieser vielsagenden Überschrift erschien im September 1967 ein erster Test des FIAT 125 im heute schon fast legendären Technik- und Freizeitmagazin ‚hobby‘.

Mit welcher Spannung das Auto erwartet wurde, geht nicht nur aus dem Test, sondern auch aus dem Editorial des Chefredakteurs Günter Honolka hervor.

Obwohl der Testwagen (vermutlich noch ein Vorserienexemplar) relativ schlechte Fahrleistungen erzielte: Tester Heinz Kranz war vom Gesamtkonzept des neuesten Modells aus Turin überzeugt!

hobby-Test Seite 1

[Editorial des Chefredakteurs Günther Honolka aus ‚hobby‘ 9/67:]

Lieber Leser !

„Nun sind die wohl völlig autoverrückt geworden in der hobby-Redaktion …“ – „Verkaufen die wohl jetzt ihr Titelbild an Autofirmen?“ – „Geht euch der Stoff aus, weil ihr gleich zwei Fiats in einem Heft bringt?“

Ich höre Sie förmlich stöhnen, lieber Leser, und sicher hat mancher von Ihnen solche oder ähnliche Dinge gedacht oder vielleicht sogar ausgesprochen, als er das vorliegende Heft erstmals durchblätterte.

Aber hören Sie mich bitte erst an, ehe Sie in dieser Richtung weiterschimpfen! Glauben Sie mir, daß wir selbst, zumindest einige unserer Kollegen im Hause, all das schon gedacht und auch wortreich und manchmal nicht ohne Emphase ausgesprochen haben.

Eines vorweg: Wir haben nicht geschlafen, uns ist auch der Stoff nicht ausgegangen, und wir sind weder bestochen, noch haben wir unser Titelbild verkauft (im Gegenteil, das Zustandekommen gerade dieses Titelbildes und des damit zusammenhängenden Autotests hat uns sogar eine ganze Stange Geld und eine Menge Überstunden gekostet!). Wir haben nach langen, heftigen Diskussionen diese Einwände, die sicherlich einige unserer Leser zwangsläufig machen würden, vorausgesehen und erst nach langen Überlegungen beschlossen, selbst solche Mißverständnisse in Kauf zu nehmen, um Ihnen, lieber Leser, nach besten Kräften zu dienen. Jawohl, Sie haben richtig gelesen: um Ihnen zu dienen.

Wie kam es dazu, daß in dieser Nummer von hobby gleich zweimal über die Erzeugnisse einer einzigen Autofabrik gesprochen und geschrieben wird? Die Erklärung ist schnell gegeben: In dieser Nummer erscheint turnusgemäß der zweite Teil unseres Super-Tests Ford 15 M TS kontra Fiat 124. Sie können sich sicher denken, daß unsere Super-Tests, bei denen die Konkurrenten einer ganzen Staffel komplizierter Prüfungen ausgesetzt werden, bei denen ein Testteam mit allen Instrumenten und Protokollen meist über Tausende von Kilometern quer durch den Kontinent jagt, eine aufwendige Organisation voraussetzen. Als wir – nicht zuletzt nach den in vielen Zuschriften geäußerten Wünschen unserer Leser – die Konkurrenten des gerade laufenden Super-Tests ausgewählt hatten, war von einem neuen Fiat-Mittelklassewagen nur in Gerüchten die Rede. Langst waren die Ergebnisse“ die Protokollauswertungen und die Punktetabellen des großen Vergleichstests der beiden genannten Wagen im Druck, da erreichte uns die Nachricht, daß sich Turin nun doch entschlossen hat, den ’sagenhaften‘ 125er früher als erwartet herauszubringen.

Was sollten wir tun? Es gelang uns, eines der ersten Serienfahrzeuge dieses interessanten neuen Mittelklassewagens zu fahren, zu testen und eingehend zu prüfen. In der Autoredaktion raufte man sich die Haare, als die Ergebnisse, die Bilder und Meßwerte dieses brandneuen Fahrzeugs druckreif vorlagen. Die Meinungen waren geteilt. Der Super-Test, dessen erster Teil zu diesem Zeitpunkt schon ausgedruckt war, lief turnusmaßig wie immer über zwei weitere Hefte. Sollten wir den Super-Test unterbrechen und unseren interessierten Lesern zumuten, einen ganzen Monat auf die nächste Fortsetzung zu warten ? Sollten wir den Testbericht über den brandneuen großen Bruder unseres Super-Testwagens Fiat 124 auf Eis legen? Die zweifellos interessanten Ergebnisse unserer ersten Testfahrt mit dem neuen 125 auf die lange Bank schieben, bis der Super-Test, an dem zufällig ebenfalls ein Fiat beteiligt war, mit der dritten Folge ausgelaufen war?

Das wäre zweifellos der bequemste Weg gewesen und hatte uns eine Menge von Diskussionen und Sorgen erspart. Wir gingen diesen bequemen Weg nicht. Eine Information nur aus Furcht vor Mißverständnissen zurückzuhalten, erschien uns unlogisch und unjournalistisch. Den Super-Test zu unterbrechen, erschien uns ebenso als Unhöflichkeit den interessierten Lesern gegenüber. Sehen Sie, so kam es dazu, daß Sie ausnahmsweise einmal in einer Nummer Ihrer Zeitschrift zwei Produkte einer einzigen Firma besprochen sehen. Und das, was ich Ihnen zu erklären versucht habe, ist der einzige Grund dafür.

Bis zum nächsten Mal

Ihr Günther Honolka


hobby-Test Seite 1

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Es mag sein, daß ich beim direkten Umsteigen vom 124 (unseres Super-Tests) auf den 125 zu sehr an das handliche kleine Auto gewöhnt war und mir deshalb die Hinterachse des ‚Kleinen‘ besser gefällt. Darum möchte ich hier noch kein endgültiges Urteil fällen und das einem künftigen Super-Test überlassen.

Imponierend ist die Reifengröße 175 S 13, die jedoch bei gleicher Umdrehungszahl beim Lenkrad (drei Umdrehungen von Anschlag zu Anschlag) und ohne Servo den Kraftaufwand beim Lenken noch vergrößert.

Hervorragend sind wieder die vier Scheibenbremsen, die vorbildlich verzögern und eine beinahe absolute Spurtreue garantieren. Dank einer Servoeinrichtung ist der aufzuwendende Pedaldruck gering. Hervorzuheben ist der Federkomfort: Die gute Konstruktion der Hinterachse ist daraus zu ersehen, daß es bei ihr nicht die Alternativen Komfort oder Kurvenlage gibt, also weiche oder harte Federung. Wir probierten es im Gelände, auf schnelleren Holperstraßen: der Komfort ist echt, die Federung schluckt auch die schlimmsten Stöße.

Wer einen größeren und moderneren Fiat will, der findet ihn im 125, den wir als eine echte Sport-Limousine auf Alfa-Ebene bezeichnen möchten. In seiner Größe dürfte er zu den handlichsten Autos zählen mit großem Innenraum, sehr guter Ausstattung und vorbildlichem Fahrkomfort. Als wir den 125 testeten, kalkulierte man bei Fiat noch, was er kosten dürfe.

H. Kranz


Rundherum: Weltweit

hobby-Test Seite 4/5

Sportmotor und Fahrwerk (ähnlich dem Dino) kennzeichnen die moderne Konzeption des Fiat 125.

Das vollsynchronisierte Vierganggetriebe ist nicht so straff untersetzt wie beim 124, denn der 2. Gang reicht bis 80 und der 3. Gang bis 125 km/ h. Überraschend ist die unwahrscheinliche Elastizität des Motors, der im direkten Gang aus 30 km/ h heraus ruckfrei beschleunigt. Die Schaltwege sind kürzer, und das Getriebe synchronisiert schneller als beim Fiat 124.

Ein wenig enttäuscht sind wir von den Beschleunigungszeiten, die bis 100 km/ h nicht sehr viel besser sind als die der kleinen ‚Rakete‘ 124. Doch dafür gibt es eine Erklärung: der 125 ist nicht nur 110 kg schwerer, sondern sein Getriebe ist auch so abgestuft, daß die Geschwindigkeiten über den Drehzahlen höher sind. Daher schnurrt der Motor nicht so rapide bis zur Höchstdrehzahl hoch wie der über den ‚kurzen Weg‘ kommende Fiat 124.

Der Fiat 125 und seine Konkurrenten
Fiat 125 BMW 1600 Giulia TI Audi 90
Hubraum 1605 ccm 1573 ccm 1570 ccm 1760 ccm
PS/U/min 90/5600 85/5700 92/6000 90/5200
Gewicht 1010 kg 920 kg 1060 kg 980 kg
0-100 km/h 14,7 sec. 12,9 sec. 13,8 sec. 12,2 sec.
0-120 km/h 23,1 sec. 19,0 sec. 20,1 sec. 18,0 sec.
0-140 km/h 34,8 sec. 29,2 sec. 31,0 sec. 30,0 sec.
Spitze 160 km/h 165 km/h 165 km/h 164 km/h

Erst über 100 km/h machen sich dann die Vorteile des höheren Drehmoments und der Getriebeabstufungen positiv bemerkbar, denn bis 120 km/ h braucht der 125 nur den 3. Gang, der 124 jedoch den 4. Gang (und damit eine Schaltpause mehr). In der Gegenüberstellung ergibt sich folgendes Bild:

Fiat 124 Fiat 125
0-80 km/h 10,3 sec. 9,4 sec.
0-100 km/h 15,9 sec. 14,7 sec.
0-120 km/h 27,2 sec. 23,1 sec.
1000 m 37,2 sec. 35,4 sec.

Stellt man die Werte so einander gegenüber, dann ergibt sich doch für den 125 eine echte Klassenüberlegenheit über seinen temperamentvollen Bruder Fiat 124. Die Musik des 124 hat also phonetisch-optisch getäuscht!

Sicher und komfortabel auf allen Straßen

Auf normalen Straßen zählt der Fiat 125 zu den sicheren und komfortablen Autos modernster Fertigung. Beim Kurvenfahren – gemeint sind extrem schnelle Kurven – sind die Eindrücke widersprüchlich: Man vermißt das beinahe neutrale Verhalten des 124, denn die Tendenz zum Untersteuern ist stärker. Auf der anderen Seite sind wir überrascht, daß es trotz der Einblattlängsfedern kein seitliches Neigen des Karosseriekörpers gibt und auch kein Eigenlenkverhalten der starren Hinterachse. Ein Querstabilisator sitzt lediglich vor der Vorderachse.


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Hervorragend schallisoliert ist der Motorraum über die innen gepolsterte Motorhaube und …
… ausreichend dimensioniert die Ansaugdämpfung. Für italienische Ohren sicher ein Manko!

Limousine mit Sportwagen-Triebwerk

Beim Motor ist alles drin und dran, was des Autofreundes Herz höherschlagen läßt. Mit 80:80 mm für Bohrung und Hub ist der Motor quadratisch ausgelegt, der effektive Hubraum beträgt 1608 ccm, doch hoffen wir (wegen der Besteuerung in der Bundesrepublik), daß man den zu versteuernden Hubraum auf 1599 ccm bringt, sonst gilt er als 1700er. Die Leistung von 90 PS bei 5600 U/min wird bei einer Verdichtung von 8,8:1 und über einen Doppelvergaser erzielt. Fiat baut also einen Sportmotor in Alltags-Version mit einer Literleistung von 56 PS ein. Er ist überraschend leise, und allein schon das teure Isoliermaterial unter der Motorhaube zeigt, daß man sehr großen Wert auf Phon-Komfort legt. Die Kurbelwelle des Vierzylinders ist fünffach gelagert. Zur 12-Volt-Anlage fehlt auch hier nicht die Drehstromlichtmaschine und der sich elektromagnetisch – also automatisch – ein- und ausschaltende Ventilator.

Der Kofferraum hat einen Inhalt von 400 Litern und läßt sich gut beladen. Das Reserverad liegt unter dem Kofferboden. Am Heck die serienmäßigen Rückscheinwerfer.
Fiat hat sich etwas einfallen lassen: Der Tankverschluß arbeitet nicht mit Federdruck, sondern wird mit einem Gewinde dicht aufgeschraubt. Abschließbar ist er leider nicht.

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Harmonie von Bug bis Heck:
Die schlichte Karosserie ist aerodynamisch gut durchgebildet.

Der Fiat 125 ist in seiner Konzeption kaum noch als eine Weiterentwicklung des Erfolgswagens Fiat 124 zu bezeichnen, denn bis auf die hervorragenden Scheibenbremsen an allen Rädern hat man so ziemlich alles neu gemacht, zum Teil besser, zum Teil … nun ja, man kann nicht schlechter sagen, auch wenn man manches vermißt.

Aber: Der 125 bringt nicht weniger, sondern sogar mehr als der Fiat 124. So wird die Fußbremse servounterstützt, das Armaturenbrett mit den schönen Rundinstrumenten ist eine Wucht, ja es gibt sogar Düsen für eine Innenentlüftung! Doch die in der Strahlrichtung verstellbaren Luftdüsen auf dem Armaturenbrett sind einfachen Düsen, die nur Kaltluft bringen, gewichen. Der imponierende Handschuhkasten des 124, der dort den ganzen rechten Teil des Armaturenbretts aufklappt, ist durch ein konventionelles Kästchen ersetzt. Dafür gibt es eine durchgehende – nur von der Regelung der Klimaanlage unterbrochene – Ablage unter dem Armaturenbrett, deren Polsterrand allerdings durch eine Chromleiste kniefeindlich ‚angehübscht‘ ist.

Wenig Knöpfe, gut erkennbare Armaturen, durchgehende Ablage, Sicherheitslenkrad und hervorragende Ausstattung zeigt der Blick auf den sehr sportlich gestalteten Volant.
Im Fond herrscht Kniefreiheit. Die rückwärtigen Türen öffnen weit, die weit zurückgesetzten Fondsitze sind tief und geben seitlichen Halt. Devise: Mehr Knie- als Kofferraum!

Ebenfalls zu begrüßen ist das Zweispeichenlenkrad mit einer gepolsterten Platte über den Speichen, die auch den gefährlichen Hupenring des 124 ersetzt. Weiter ist Platz für ein normales Autoradio, und der Aschenbecher sitzt wieder für Fahrer und Beifahrer griffbereit in der Mitte. In die große Zeituhr (mit Sekundenzeiger) sind am Rande Benzinuhr, Kühlwasserthermometer und die Leuchten zur Anzeige vom Licht bis zur Handbremse eingebaut. Gebläse und Scheibenwischer sind zweistufig, mit einem Hebel kann man sogar die Scheibenwischer auf ‚Zeitlupe‘, also mit kleinen Unterbrechungen – etwa bei leichtem Nieselregen – einstellen. Der Rückscheinwerfer ist serienmäßig.

Die Aufzählung zeigt, daß der 125 im Gegensatz zum etwas spartanischen 124 auf Luxus ausgerichtet ist. Die Fiat-Leute nennen ihn sogar mit leichter Übertreibung einen ‚herrschaftlichen Wagen‘.


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Über der Alpenkette türmen sich Wolken zuhauf und beuteln unsere zweistrahlige Caravelle, daß selbst die lufterprobten Stewardessen wie verschüchterte Hühnchen angeschnallt in ihrer Ecke sitzen. Wenn ein Auto so stoßen würde, bekäme es einen ganzen Sack voll Minuspunkte … nicht aber das Auto, in dem ich ein paar Stunden später sitze. Die ‚Holperwolken‘ ersetzt ein Ochsenpfad, und statt im Flugzeug sitze ich im neuesten Auto aus Turin: im Fiat 125. Kein Stoßen, kein Nicken, sondern ein beinahe sanftes Gleiten, und daher ist meine erste Feststellung, daß der neue Turiner von Bug bis Heck auf Komfort eingestellt ist.

Natürlich schätze ich Komfort, und doch bin ich nicht ganz glücklich über die Mittel, die dazu beitragen. Denn ich hatte es als selbstverständlich angesehen, daß der Fiat 125 die spiralgefederte Achse des 124 bekommen würde, aber der erste Blick auf das neue Auto zeigte mir gleich die langen Längsblattfedern an der Hinterachse.

„Das ist aber was ganz Feines“, versuchten mich die Fiat-lngenieure zu trösten, „es ist die Hinterachse vom Dino!“ Ich krieche unter das Auto und stelle fest, daß die Achse tatsächlich nicht von den Federn allein, sondern noch von Längslenkern geführt wird, was meine Enttäuschung merklich dämpft. Im Gegensatz zum sportlichen Dino hat allerdings die Limousine hinten nur je einen Dämpfer statt deren zwei beim Sportwagen.

Der Blick unter die Motorhaube ist wesentlich erfreulicher, denn er ruht auf einem feinen Doppelnockenwellen-Motor mit Zahnriemen-Antrieb à la Glas. Konstruktiv entspricht dieser Motor dem des Fiat-124-Sportwagens, und da er in einer Limousine steckt, taucht natürlich automatisch der Vergleich zur Alfa Giulia auf, die damit eine sehr starke Konkurrenz im eigenen Lande bekommt.


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